Die Umsiedler by Arno Schmidt

Die Umsiedler by Arno Schmidt

Autor:Arno Schmidt [Schmidt, Arno]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Erzählung, Bearbeitet
ISBN: 3251945378
Herausgeber: Haffmanns Verlag
veröffentlicht: 1997-12-31T23:00:00+00:00


XIII

Morgen im Kronenserail: es ist Keine Göttin außer Katrin! Blitzende Augen fuhren aus Haarpudeln, braune Nacken, und ein Fachwerk weißer Arme erhob sich mit lauter Seidenwölkchen darüber. Ich trat klopfherzig an meine Deckenrundung und legte die Hände vorsichtshalber am Blechrand fest. Lächelt’s unterm zerzausten Herrenschnitt, daß mein Herz wirbelte. Augentief wie der Guamgraben, der Mund sprach obhin vom »Guten Morgen«; (überall weibte’s im Haberstroh); eine weiße Handspange fibelte Deckenränder. Haarzeit; Elfenbeinzeit.

Schatten liefen ihr durch die Augen, der Lippenhimmel verfinsterte; ich ließ meine Hand los, die sofort ins Deckenwarm aufgenommen wurde. »Du ich –« brockte der Mund, ihr Kopf rang einmal wild, die Nase stöhnte kurz – »weißt Du, daß ich nur ein Fuß hab?!«, und sie stieß ihn jäh unten raus: die saubere harte Prothese bis Wadenmitte. Am linken Bein. »Beim Luftangriff.« Viel rote Schlüpfer leuchteten rundum auf, sonnig, breite Haremsampeln. Fuß war nicht mehr da. Sie fluchte rauh und hoffnungslos. »Aber sonst bin ich ganz in Ordnung« flüsterte ein brüchiger Contralto. Rote Mundschlucht, von Wildwässern überlaufen, aus der leise Windstöße flossen. Ich koppelte nun die andre Hand los, und sie sprang ihr zum Hinterkopf durch die dunkle Haarwiese. Sie schlug einmal schluchzend die Zähne in meinen Unterarm, dann sprach sie stolz: »Ich kann sogar helle Kniestrümpfe tragen. Weißt Du: ganz derbe, sportliche.« Ihre Augen sprangen wie junge Meteore einmal durchs Saalgeworbel; sie streckte die gelbe Armgerte und befahl: »Gieb mir die Strümpfe – da!« Die Decke bauschte sich groß und feierlich; noch einmal. Sie kniete, öffnete vorn für mich, und stützte die Hände auf meine Schultern, mit schimmernden Lichtern. Überall. Dann kamen die langen dunklen Seidenbeine aus den groben Falten, ich fing sie beide, und stellte das sachliche Mädchen neben mich zwischen Bett und Fenster. Ein Unterrock liante und paßte. Ein Kostüm überschlüpfte. Ein langer Mund plauderte: »Du ich hab ein schönes großes Radio.« »Katrin: !« Schnurren und ein hörnerner Tausendfuß rannte durchs Haargedschungel. »Die 180 Mark komm jeden Ersten mit der Post«; dazu beschwichtigend die Handfessel um meinen Unterarm. Fünf Minuten allein: die Sonne war sandiger, ruhiger geworden. (Wie herrlich schlecht würde sie mich nachher gleich behandeln, meine langsame Stolze!) Dann schlenderte es schlank durch die hohen Gitterreihen heran: »Becks werden schon warten.« Decken falten; Koffer schlichten. Da lehnt sie kariert am Bettpfosten. Lippenrausch und Brauenzwang. Aus geschlossenem Mund: »Liebste.« Aus geschlossenem Mund: »Liebster!« Dann herrisch und angstvoll: »Bestimmt Du.« – (Den Durchmesser einer Waschschüssel in Parsec ausdrücken).



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